The Witcher - Enhanced Edition Test
Als das vier Jahre in Entwicklung gewesene Rollenspiel The Witcher Ende 2007 erschien, litt es noch unter einigen Bugs und machte einen mehr oder weniger guten Eindruck. Ein gutes halbes Jahr später reichte Entwickler CD Project dann die sogenannte "Enhanced Edition" nach, in welcher die gröbsten Fehler beseitigt und diverse neue Inhalte hinzugefügt wurden - für Besitzer der Standardversion sogar kostenlos zum Download!
Protagonist von The Witcher ist Geralt von Riva, einer unter wenigen noch verbliebenen Hexer mit einer unverwechselbaren weißen Haarpracht. Schon im gerenderten Intro bekommen wir Einblicke in dessen Tätigkeiten: meist wird Geralt angeheuert, um finstere Ungeheuer zu jagen. So auch eine Prinzessin, die unter einem Fluch steht, welcher sie in eine hässliche Kreatur verwandelt. Dieser kann nur aufgehoben werden, wenn Geralt eine Nacht mit ihr zusammen verbringt, was leichter gesagt als getan ist. So beobachten wir in in der achtminütigen Startsequenz den Kampf zwischen der Prinzessin und Geralt, welchem die Aufgabe letzen Endes jedoch nicht gelingt und er schwer verletzt zu Boden geht. Was aber noch schlimmer ist: bei dem Kampf hat dieser sein Gedächtnis verloren.
Danach kommt es zu einem Szenenwechsel in Spielgrafik, bei dem Geralt von seinen Mitstreitern zu einer Burgruine namens Kaer Morhen gebracht wird, die Behausung einiger Hexer. Dieses Handlungsloch zwischen Intro und Spieleinstieg wirft jedoch viele Fragen auf, zumal es nach der Ankunft in der Burg zu weiteren Problemen kommt: die große Gruppe einer Organisation, welche sich als "Salamandra" bezeichnet, stürmen die Burg und wollen gefährliche Mutagene aus dem Labor der Hexer entwenden. Merkwürdig nur, dass den nun versammelten Hexern, darunter auch Geralt, genug Zeit bleibt, ihr weiteres Vorgehen in aller Ruhe zu planen, während die Gegnermassen schon auf dem Weg sind. Denn die Dialoge sind oft nicht an das Spielgeschehen angepasst, manchmal tauchen Personen von jetzt auf gleich auf, was ganz schön verwirrend sein kann. Immerhin wurden die Animationen der Figuren in der Enanced Edition deutlich verbessert, auch die Lippensynchronisation ist nun besser gelungen. Zudem sind die deutschen Stimmen hervorragend und geben dem Spiel viel Atmosphäre, was nicht immer selbstverständlich ist. Die Grafik weiß ebenfalls zu überzeugen, neben den eben angesprochenen Animationen besticht The Witcher durch scharfe Texturen und tollen Effekten.
Geralt steuert sich wahlweise durch eine Über-die-Schulter Perspektive mit Maus und Tastatur, oder durch eine weiter herausgezoomte Sicht, in der nur die Maus benötigt wird, mit deren Hilfe Wegpunkte per Klick gesetzt werden. In der ersten Wahl lauern aber ein paar Probleme. Zum einen geht etwas Übersicht verloren, da die Kamera sehr nah am Protagonisten positioniert ist. Auf der anderen Seite müssen wir im Spiel immer den Pausemodus aktivieren, um Waffen auszuwählen oder Heiltränke zu sich zunehmen, da die Maus lediglich dazu verwendet wird, die Kamera um Geralt herum zu schwenken. Grundsetzlich macht das nicht so viel aus, da man mehr Zeit auf sein weiteres Handeln zur Verfügung hat, allerdings leidet der Spielfluss etwas darunter. Immerhin klappt das Ausweichen in diesem Stil besser.
Das Kampfsystem ist allerdings noch besser gelungen, welches sogar viel Taktik erfordert. Zwar müssen wir auch nur auf einen Gegner klicken, damit Geralt automatisch angreift, jedoch erscheint nach einigen Schlägen ein Symbol, dass bei erneutem Klick Kombinationsangriffe ermöglicht. Zudem verfügen wir über drei Kampfstile, die wir je nach Gegnersorte anpassen müssen. Nach den Kämpfen erhalten wir sogenannte Bronze-, Silber- und später auch Goldtalente, die wir dann in neue Fähigkeiten investieren können, darunter auch die Herstellung verschiedener Tränke, Verbesserung der Waffeneffizienz oder Alchemie. Insgesamt gibt es fünf magische Fähigkeiten, die mit einem Rechtsklick aktiviert werden.
Nach dem Angriff auf Kaer Morhen flieht der Anführer der Salamandra mit den entwendeten Mutagenen. Unsere Aufgabe besteht nun darin, dieser Organisation den Gar auszumachen. Hier endet der Prolog und wir brechen zu anderen Orten auf. The Witcher ist in fünf sehr lange Kapitel unterteilt, die eine hohe Spielzeit von etwa 40 Stunden versprechen. Die Quests sind ebenfalls interessant und abwechslungsreich, wobei es des Öfteren etwas an der Inszenierung hakt. Mit großer Entscheidungsfreiheit und wendungsreichen Konsequenzen kommt aber viel Dramaturgie ins Spiel, was The Witcher so interessant macht und zum mehrmaligen spielen motiviert.
So treffen wir besipielsweise auf eine Gruppe mehrerer Elfen und müssen entscheiden, ob diese aus einem Lager Waffen und Ausrüstung mitnehmen dürfen. Im späteren Spielverlauf stellt sich dann jedoch heraus, dass diese Gruppe die Ausrüstung für einen Anschlag verwenden, bei dem eine unserer Kontaktpersonen ums Leben kommt. Apropos Ausrüstung: Geralt kann neben Nahrung auch viele Trankzutaten und Wertgegenstände im Inventar transportieren, die er anderen Charakteren verkaufen oder schenken kann, auch um Frauen rumzureißen. Sex spielt bei The Witcher ebenfalls eine Rolle. Geralt kann nämlich mit bis zu 22 Frauen ins Bett steigen, die er während des Spiels trifft. Der Gewaltgrad ist ebenfalls hoch, neben starken Bluteffekten ist es auch möglich, Gegner zu enthaupten. Diese Aspekte sind vermutlich auch dafür verantwortlich, weshalb The Witcher von der USK ein "Keine Jugendfreigabe" Siegel erhalten hat, womit es nur ein Titel für Erwachsene ist.
Fazit
The Witcher ist ein faszinierendes Rollenspiel, das seinen Charme allerdings erst im mittleren teil des Spiels so richtig entfaltet. Das liegt an den anfangs noch zu großen Handlungslücken, die im späteren Verlauf gefüllt werden. Die verbesserten Animationen und neuen Inhalten der Enhanced Edition verleihen dem spiel die Ecken und Kanten, wodurch ein wirklich atmosphärisches und packendes Gesamtpaket entsteht. Für diese Arbeit kann man CD Project nur loben. So ist The Witcher für mich abgeshen von Fallout 3 das Rollenspiel der letzten Jahre.