Ähnlich wie damals bei Jade Empire erscheint Mass Effect nun ebenfalls nach einem halben Jahr für den PC . In Sachen Story war Entwickler BioWare schon immer an der Front des Rollenspiel-Genres, daher überrascht es kaum, dass Mass Effect diese Klasse hält und eine der bisher besten Geschichten im Zeitalter der Videospiele ans Tageslicht bringt. Hier geht es nicht einfach um den Kampf zwischen Gut und Böse, Mass Effect kommt überwiegend ohne solche Klischees aus, dazu erwarten den Spieler überraschende und zugleich dramatische Wendungen.

Zu Beginn jagt der Spieler als interstellarer Geheimagent seinen korrupten Kollegen Saren , welcher mit Hilfe eines äußerst aggressiven Robotervolkes namens Geth einen menschlichen Außenposten auf Eden Prime überfallen hat. Auf seiner Reise erkundet der Spieler neue Galaxien, löst zahlreiche Nebenquests und tut vor allem Eines: Gespräche führen – ein Markenzeichen von BioWare. Vom Aufbau ähnelt Mass Effect leicht seinem Vorgänger Knights of the old Republic , im Laufe des Spiels können bis zu sechs weitere Crew-Mitglieder angeworben werden, davon begleiten maximal zwei den Spieler während einer Mission. Allerdings bietet Mass Effect deutlich mehr Entscheidungsfreiheit, vor allem in Dialogen. Konflikte lassen sich zwar friedlich lösen, ab und zu muss der Spieler aber schon zu den Waffen greifen. An Solchen und Ausrüstungsgegenständen mangelt es in Mass Effect nicht: dem Spieler stehen dutzende Waffen, Rüstungen, Granaten und Biotik-Implantate zur Verfügung. Letztere ähneln den Implantaten aus KotoR, welche unter anderem die Fähigkeiten des Charakters steigern. In Kämpfen werden Elemente aus Shootern und Strategiespielen verknüpft, was eine ordentliche Zahl an Taktiken ermöglicht. Während der Spieler nur seinen eigenen Charakter steuern kann, befiehlt er seinen Kameraden Positionswechsel, neue Angriffsziele und das Ausführen von Spezialfähigkeiten. Auf dem PC sind diese Funktionen wesentlich komfortabler, über die Zifferntasten beispielsweise können die Spezialfähigkeiten ausgeführt werden, für die man in der Xbox 360 Variante erst ein Menü aufrufen musste, um sie auszuwählen. Ein weiterer Vorteil der PC-Version: um dem Spiel mehr Abwechslung zu verleihen, hat BioWare für die Xbox 360 ein kostenpflichtiges Addon namens „Bring Down the Sky“ rausgebracht, in der PC Variante ist dieser kleine Zusatz bereits integriert.

So muss ein Rollenspiel beginnen!

Zunächst klickt der Spieler sich durch die Charaktereinstellungen, darunter wie üblich Geschlecht, Aussehen und die Klassenwahl. Diese besteht aus sechs Gruppen, wie etwa „Soldat“ oder „Experte“, wobei sich natürlich alle in ihren Fähigkeiten und Talenten unterscheiden. Eine weitere Besonderheit: zu Beginn des Spiels ist die Gestaltung des Lebenslaufes des Charakters, was durchaus als Neuerung im Rollenspiel-Genre anzusehen ist. Dort können zum Beispiel Angaben darüber gemacht werden, ob der Charakter als Waisenkind aufgewachsen ist oder seine Eltern von Sklavenhändlern getötet wurde. Der Clou: die KI reagiert in den Dialogen je nach Lebenslauf anders auf den Spieler. Damit liegt der Wiederspielwert ziemlich hoch.

Mass Effect beginnt mit einem furiosen Auftakt, alleine schon die erste Mission ist extrem abwechslungsreich und packend inszeniert. In diesem Abschnitt wird außerdem die Steuerung erläutert, welche vorbildlich auf den PC umgesetzt wurde. Um Fenster wie den Charakterbildschirm, das Tagebuch oder das Inventar zu öffnen, genügt ein Druck auf die jeweilige Schnelltaste. Der Spieler feuert in Mass Effect zudem völlig manuell, auch hier macht sich der Vorteil von Maus und Tastatur bemerkbar, sodass man sogar fast das Gefühl hat, es handle sich um einen Shooter.

Gute Hauptmissionen, schwache Nebenquests

Auch die Hauptquests in Mass Effect haben es in sich und sind hervorragend aufgebaut. Ein Beispiel liefert die Mission, in der man auf einem der Geth besetzten Planeten reist, um auf die Spur des entkommenden Saren zu kommen. Um das Vertrauen der dort lebenden Kolonisten zu erlangen, muss der Spieler die Wasserversorgung der Kolonie wieder herstellen. Doch dann macht einem ein Thorianer das Leben schwer, welcher über mentale Fähigkeiten verfügt, um uns gegenüber friedlich gesinnte Personen zu kontrollieren und in willenlose Feinde zu verwandeln. Bei den Nebenquests allerdings gibt es ein paar Abstriche: diese haben oft nichts mit der Geschichte zu tun, locken aber mit Geld und Ausrüstung. Und wenn sie der Spieler ignoriert, mangelt es ihm im weiteren Spielverlauf an Heldenpunkten und Geld. Im Gegensatz dazu sind Spieler, die alle Missionen erledigen, deutlich im Vorteil und brauchen sich ab der hälfte von Mass Effect keine Gedanken mehr über seinen Geldvorrat machen.

Auch bei der Technik hapert’s etwas. Bereits die Xbox 360 Version hatte mit Slowdowns zu kämpfen und die Hardwareanforderungen der PC Variante sind auch extrem hoch. Vor allem Nachladeruckler trüben den ansonsten motivierenden Spielverlauf leicht.

Fazit

Das Warten auf Mass Effect hat sich auf jeden Fall gelohnt! Dank der genialen Geschichte, den gut animierten und inszenierten Zwischensequenzen und der optimalen Steuerung ist BioWares neustes Werk nicht nur für Rollenspielfans einen Blick wert. Und für die, die nach dem atemberaubenden Ende schon gar nicht mehr genug kriegen können, gibt es den Hinweis auf Mass Effect 2. Denn das Rollenspiel ist als Trilogie geplant, wobei noch nichts über Inhalte oder den Erscheinungstermin bekannt gegeben wurde. Bis dahin hat BioWare noch Zeit die Nebenmissionen zu verbessern bzw. an der schwankenden Balance zu feilen.


820 Wörter. Verfasst von Hans am 28.05.2008